Posted by Elisa Rossberger on 21.5.2021
This blog post was written by Clara Wagner, student intern at the ACAWAI-CS project in May 2021.
Die Frage, was Deutschland bzw. München mit dem antiken Irak zu tun hat, ist ganz einfach zu beantworten: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanzierte lange Jahre ein Grabungsprojekt am sürdirakischen Fundort Isin unter der Schirmherrschaft der Bayerischen Akademie der Wissenschaft in München. Außerdem ist das Institut für Vorderasiatische Archäologie der LMU München das einzige seiner Art in Bayern. Gegründet wurde es 1969 unter dem Namen “Vorderasiatische Vor- und Frühgeschichte” von Prof. Dr. Barthel Hrouda. Dieser hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Archäologie des Iraks vom 3. bis zum 1. Jahrtausend vor Christus zu erforschen, was ihm u.a. mit seinem Isin Projekt gelungen ist. Die Ergebnisse seiner Ausgrabungen sind für die heutige Forschung noch immer interessant, z.B. die Rollsiegel und Siegelabrollungen auf Tontafeln, die derzeit im ACAWAI-Cylinder Seals Projekt der LMU München unter der Leitung von Frau Dr. Roßberger erfasst werden. Das Projekt durfte ich im Rahmen eines einwöchigen Schülerpraktikums im Mai kennenlernen. Ziel des Projekts ist es, Rollsiegel und deren Abrollungen für die Öffentlichkeit und weitere Forschungen digital zugänglich zu machen.
Isin ist der Name einer antiken Stadt, die im südlichen Irak liegt. Der moderne Name des Fundorts lautet Išān Baḥrīyāt. Der Name setzt sich einerseits aus (al-) Išān zusammen, was so viel bedeutet wie “Denkmal, herausragender Punkt im Gelände”, und andererseits aus (al-) Baḥrīyāt, übersetzt “Meer”. Der Name gibt einen Hinweis darauf, dass der Siedlungshügel bis zum 20. Jahrhundert von Wasser umgeben war, weil er in einer Sumpflandschaft lag, die heute ausgetrocknet ist. Die Ausgrabung und Forschung begannen im Frühjahr 1973 und endeten 1989.
Im folgenden beschreibe ich ein Siegel aus Isin, das mir besonders gefallen hat. Es trägt die Grabungsnummer IB-337.
In dieser Digital Story wird es genau beschrieben. Es stammt aus der Ur-III Periode, ungefähr 2100-2000 v. Chr. Siegel gehören allgemein zu den glyptischen Erzeugnissen, das heißt, sie sind Steinartefakte, in die mit Feilen, Sägen und anderen Werkzeugen Szenen und Inschriften eingraviert wurden.
https://storiiies.cogapp.com/viewer/0b2ah/Isin-cylinder-seal-3
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Verwendet wurden Siegel meistens, wenn es darum ging, Urkunden oder Verträge zu beglaubigen. Sie wurden oft mit den Namen der Siegelinhaberinnen und Siegelinhaber beschriftet.
An den drei oben abgebildeten Siegeln, die ebenfalls aus der Ur-III Zeit im Südirak stammen, kann man sowohl Gemeinsamkeiten als auch die Unterschiede erkennen. Die dargestellte Situation ist bei allen vier Siegeln gleich: Es handelt sich um eine Einführungsszene, ein typisches Siegelmotiv der Ur-III Zeit. Eine Person wird von einer Gottheit vor einen thronenden König oder eine/n thronenden Gott/Göttin gebracht. Oft schwebt eine Mondsichel über der Szene. Bei dem Beispiel aus Isin, ist es allerdings ein löwenköpfiger Adler (genannt Anzu), der weniger häufig vorkommt, aber auch bei dem Vergleichssiegel in der Mitte. Bei allen Siegeln identisch, ist die Gestik der abgebildeten Personen.